Die Automobilindustrie gerät dieser Tage in Bewegung, pun intended: Immer neue fortschrittliche Technologien lassen sich ins Fahrzeug integrieren, auch wenn die Möglichkeiten bislang ein Stück hinter der Consumer-Welt mit Smartphones und schnell entwickelten Apps hinterherzuhinken schienen. Mit dem Aufkommen generativer K.I. in „Smart Cockpits“ erobern nun indes auch völlig neue Systeme die Welt der Autos. Eine Entwicklung, die den Nutzern zugutekommt, bietet sie doch nicht nur eine Fülle an Service-Angeboten im Fahrzeug, die sich von einer künstlichen Intelligenz steuern lassen, diese sind auch noch einfach abrufbar, oft in eigenen Worten, ohne künstliche „Trigger-Worte“, bei denen Kunden spezifische Formulierungen wählen mussten („okay Google“, „Hallo Siri“, etc.) um weiterzukommen.
Auch der „Very Enhanced Road Assistant“ von Cognizant Mobility bietet eine Fülle von Optionen für Nutzer beispielsweise im ÖPNV, um sich beispielsweise Empfehlungen für den Stadtbesuch geben zu lassen, Informationen zum Wetter zu beziehen oder automatisiert Tickets zu erkennen. Das bietet nicht nur Komfort für den Nutzer, sondern auch Potenzial für Einsparungen, sowohl für Betreiber von beispielsweise öffentlichen Verkehrsmitteln als auch Endnutzer.
Auch in Sachen Sicherheit bietet K.I. neue Optionen: So müssen Kunden beispielsweise nicht mehr auf Displays oder Armaturen blicken, um Informationen zu erhalten. K.I. im Fahrzeug kann smarte Entscheidungen treffen, Tutorials erteilen, in Kombination mit Cabin Sensing Blickrichtungen erkennen und interpretieren und Funktionen basierend auf Sprach- und Videoeingaben bieten. Künftig denkbar sind K.I.-Entscheidungen, die das Fahrzeug bei Einschlafgefahr sicher an den Fahrbahnrand steuern oder auch mittels Abgleich von Videoaufnahmen erkennen, ob Fahrgäste gesund sind oder möglicherweise Hilfe benötigen.
Diese Funktionen zu entwickeln, vor allem ohne bereits bestehende Funktionen und Erfahrungen, ist durchaus eine Herausforderung für die Automobilindustrie, bietet aber auch Chancen. Während generative K.I. momentan noch vornehmlich „public information“ ist, also allgemeine Daten aus dem Internet erhält und Fragen auswertet, können findige OEMs künftig ihren ganz eigenen Space erschaffen: Die „VW-Welt“, in der VW-spezifische Fragen gestellt und beantwortet werden, der „BMW-Space“, in dem nach und nach typische Fragen von BMW-Fahrern eruiert und ins Sprachmodell eintrainiert werden. Ein Community-getriebenes Fahrzeug, ein Smart Cockpit, das Wartungen, Services und wichtige Termine erkennt, an sie erinnert und, in naher Zukunft, proaktiv bucht, wenn vom Fahrer gewünscht, und in dem Kundenwünsche viel schneller als bislang bekannt umgesetzt und eingeführt werden.
Über die Herausforderungen, aber auch Chancen haben sich die Mobility Rockstars auf der IAA Mobility 2023 mit dem Team von Continental und Google unterhalten – heraus kam ein spannendes Live-Interview mit Stefan Wagener und Mike Annau, das wir euch nachstehend verlinken und wärmstens empfehlen:
Goldene Zeiten also für die Automobilindustrie? Nun, noch nicht ganz, mag man auch nach diesem Interview als Fazit ziehen. Während viele der Komponenten inklusive der Anbindung ins Fahrzeug durchaus schon bekannt sind (Continental beispielsweise arbeitet bereits seit rund 2 Jahrzehnten mit Spracherkennung) und Schnittstellen existieren, um Mikrofone oder Kameras zu integrieren, ist die Formulierung klarer Use Cases durchaus noch eine Herausforderung. Ähnlich geht es dem Prompt Engineering: Was Menschen denken und wie diese ihre Wünsche formulieren, ist eine Frage, die Entwickler von Suchmaschinen ebenso wie Marketer seit Jahrzehnten antreibt. Auch die Systemleistung ist mitunter begrenzt – unabhängig vom Begriff des „HPC“, also des „High Performance Computing“, befinden sich in Fahrzeugen schon aus Platzgründen keine Work Stations oder Server. Die Umsetzung neuer Use (und Business) Cases ist also auch hier von der weiteren Hardware-Entwicklung abhängig, und auch der Fortschritt vieler Large Language Models (LLM) als Basis für die generative K.I. muss im Auge behalten werden, um eine gute Wahl zu treffen für das eigene OEM-Modell.
Außer Frage steht jedoch, dass Künstliche Intelligenz im Fahrzeug nicht mehr wegzudenken ist: Einerseits, so möchte man salopp das Klischee bemühen: Weil es möglich ist. Weil die Rechenleistung im Fahrzeug steigt, die Connectivity rasant wächst, Systeme und Sprachmodelle immer schneller wachsen. Mit dem Aufkommen erhöhter Akzeptanz von Nutzern für Hochtechnologie wird K.I. auch im Fahrzeug immer schneller integriert, mehr vom Markt für sich einnehmen und nach und nach zum smarten Begleiter für Autofahrer werden. Wir sind gespannt, wohin die Reise geht.
19.09.23