Das Interview mit Fabian Beste von 4.screen

Für alle Mobility Player wird es zukünftig ein wichtiges strategisches Ziel geben: Die Bestimmung der Anzeigen auf dem Display im Fahrzeug. Das Münchner Unternehmen „4.screen“ hat dafür eine digitale Plattform entwickelt, um lokale Geschäfte mit Fahrern zu vernetzen. Über das 4.screen Portal können standortbasierte Geschäfte ihre Sichtbarkeit in In-Car Navigationssystemen steuern, um Fahrer in Echtzeit und auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten anzusprechen. 4.screen‘s Business Model eröffnet nicht nur lokalen Geschäften den Zugang zu Autofahrern als Kundengruppe – sondern auch Automobilherstellern neue Optionen, um ihren Kunden ein besseres Fahrerlebnis bieten zu können. Wie das Geschäftsmodell aufgebaut ist, welche Mehrwerte es generiert, aber auch wie die Implementierung ihrer Plattform funktioniert, haben wir den Gründer und CEO Fabian Beste gefragt. 

Fabian, gib uns doch vielleicht zu Beginn einen kurzen Einblick in euer Geschäftsmodell. Welcher Grundgedanke steckt hinter dem Plattformmodell und wer ist euer direkter Kunde?

Unser Grundgedanke besteht darin, das Kundenerlebnis für den Fahrer im Connected Car zu verbessern. Dass schaffen wir, indem wir Fahrern relevanten Live Content liefern, beispielsweise über Navigationssysteme im Fahrzeug. Wir schaffen mit der von uns entwickelten Plattform die Infrastruktur, mit der Geschäfte mit Fahrern in Echtzeit in Kontakt treten können. Die Geschäfte können von jeder Art und Größe sein, sei es eine Tankstelle, ein Supermarkt, ein Restaurant oder ein Parkhausanbieter. Immer im Fokus stehen dabei Mehrwert und Relevanz für den Fahrer: Suche ich als Fahrer nach einem Supermarkt in der Nähe, schlägt das System mir passende und relevante Supermärkte in der Umgebung vor.

Lade ich mein Elektrofahrzeug in der Stadt, empfiehlt die Plattform ein passendes Café in der Nähe, um die Zeit des Ladens angenehm zu überbrücken.

Durch unsere Plattform bekommen OEMs, aber auch Mobilitätsdienstleister die Möglichkeit, ihren Fahrern ein neues Erlebnis anzubieten, bei dem das Fahrerlebnis und Aktivitäten außerhalb des Fahrzeugs, wie zum Beispiel das Einkaufen, nahtlos miteinander verknüpft werden.

Wir haben es schon angeteasert, aber du kannst uns sicher noch detaillierter verraten, worin genau der Mehrwert eurer Lösung für den OEM, das Geschäft um die Ecke und letztlich auch für den End User, also den Autofahrer in eurer Connected Car Lösung liegt.

Wir eröffnen Händlern einen neuen Channel, um Autofahrer direkt und gezielt ansprechen zu können. Über uns kann eine Supermarktkette zum Beispiel auf einen Supermarkt, der gerade wenig frequentiert, aber nahe am Kunden gelegen ist, verweisen, und so Kunden ein angenehmeres Einkaufen zu ermöglichen.

Für OEMs wiederum schaffen wir eine Möglichkeit, mithilfe von Fahrzeugdaten relevante Inhalte für Kunden zu kuratieren. Wobei zu jeder Zeit der jeweilige OEM selbst entscheidet, welche der Inhalte, die auf unserer Plattform erstellt werden, tatsächlich im Auto angezeigt werden.

So können die OEMs ihre digitalen Portfolios durch unsere Infrastruktur stärken und erweitern. Digitale Dienste in Fahrzeugen werden immer wichtiger und Kunden haben hinsichtlich UX, Inhalt und Funktionalität die gleichen Erwartungen wie an andere Geräte, die wir im Alltag nutzen.

Können an eure Plattform weitere Connected Car Services von anderen Anbietern angeschlossen werden?

Unsere API-basierte Plattform erlaubt die flexible Anbindung von Services externer Anbieter. Dementsprechend können wir unsere Plattform jederzeit erweitern und weitere Services anschließen. Unser Ziel ist es, eine Infrastruktur zu schaffen, über die nahtlos all jene Anbieter angeschlossen werden können, die das Fahr- und Mobilitätserlebnis komplementieren. Das könnte zum Beispiel die Anbindung von Payment-Solutions sein, sodass mein Kaffee bereits bezahlt ist, wenn ich als Fahrer auf den Parkplatz des Cafés fahre.

Wie kommt eure Entwicklung auf das jeweilige OEM Betriebssystem bzw. Auto?

Unsere Plattform ist herstellerunabhängig und kann über eine Schnittstelle in jedes Auto mit Internetverbindung implementiert werden, unabhängig vom Autohersteller oder Betriebssystem. Somit ist unsere Lösung sowohl hinsichtlich der Anzahl an OEMs als auch der Anzahl der anzubinden Fahrzeuge beliebig skalierbar.

Zudem benötigt die Implementierung nur wenige Wochen – was wir in ersten Partnerprojekten bereits unter Beweis stellen konnten.

Gibt der OEM die Anzeige-Hoheit auf seinem eigenen Display auf? Oder wie verdient er zukünftig an diesem vielleicht wichtigsten Geschäftsmodell?

Durch den Anschluss unserer API bekommen OEMs Zugriff auf unser großes Partnernetzwerk, die über unsere Plattform ihre Sichtbarkeit beim Kunden, also den Autofahrern, verbessern möchten. Wobei die OEMs immer selbst entscheiden welche Inhalte wann angezeigt werden. So können OEMs mit dem Ausspielen der Inhalte, die über uns zur Verfügung gestellt werden, zusätzliche Einnahmen generieren.

Ein Beispiel: Ich möchte von A nach B fahren und mir wird nun über das Navigationsdisplay eure Karte angezeigt. Wie erfolgt die Ermittlung möglicher interessanter Stopps?

Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Der Fahrer eines Elektroautos benötigt eine Lademöglichkeit und sucht über sein Navigationssystem entlang seiner Route nach einer Ladesäule. Als Ergebnis werden ihm Ladesäulen entlang der Route angezeigt. Wir ermöglichen nun, dass nicht nur die Ladesäule an sich auf der Karte des Navis erscheint, sondern Geschäfte nahe der Ladesäule, die E-Autofahrern noch ein zusätzliches Angebot machen können. Dies könnte zum Beispiel ein gratis Kaffee sein, um die Ladeweile etwas zu verkürzen und angenehmer zu machen. Wir bieten also keine Karten an sich an, sondern liefen neue Inhalte für bestehende Systeme, die eine höhere Relevanz für den Autofahrer besitzen.

Nehmen wir an, ich bin ein Händler. Was müsste ich tun, um auf eurer Plattform gelistet zu werden?

Bezüglich der Branche ist unsere Plattform, bis auf wenige gesetzliche Einschränkungen, offen für alle Branchen und Unternehmensgrößen. Um in Fahrzeugen angezeigt werden zu können, erstellen HändlerInnen auf unserer Plattform eine Kampagne. Dabei können die Händler beispielsweise anhand der Automarke Fahrzeugklasse, Antriebstyp und vielen anderen Faktoren im Detail bestimmen, welche Kunden sie mit ihrem Inhalt gerne ansprechen möchten.  

Gibt es „on top“ Features, die ihr den Unternehmen zusätzlich zum normalen Listing anbietet?

Wir liefern die Infrastruktur, über die Geschäfte mit Fahrern im Connected Car in Kontakt treten können. Geschäfte können selbst entscheiden, in welcher Form dies geschehen soll, je nach angestrebter Zielgruppe, Situation und Kontext. Möglich ist zum Beispiel das Anzeigen des eigenen Logos auf den Karten, um leichter gefunden werden zu können. Auch können Standorte in Suchergebnissen hervorgehoben oder situativ vorgeschlagen werden. Zusätzlich können Geschäfte Sonderangebote für ihre Standorte anbieten.

Wir werden unser Portfolio kontinuierlich erweitern, immer im Zusammenspiel mit den aktuellen Entwicklungen der Automobilbranche. Autonomes Fahren oder Augmented Reality beispielsweise werden ganz neue Optionen für die Ausgestaltung ermöglichen. Welche das genau sein werden, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Und wir arbeiten gemeinsam mit Partnern zusammen, um weitere Use Cases für unsere Plattform zu identifizieren.    

Durch Corona haben sich Trends wie Online Shopping, Direct-to-Consumer und das Aussterben des Einzelhandels extrem beschleunigt. Blicken wir ins Jahr 2026 – könnte diese Entwicklung eure Geschäftsidee negativ beeinflussen?

Durch uns bekommen Händler einen neuen Zugang zu Autofahrern als Zielgruppe, können diese gezielt ansprechen und so Anreize für Besuche vor Ort schaffen. Man denke an ein Restaurant, das auf dem Heimweg liegt und dem Fahrer spontan etwas zu Essen mitnehmen, nachdem ihnen das Restaurant vorgeschlagen wurde.  

Ein Anreiz für einen solchen Besuch könnte auch sein, dass sich Anbieter an den Kosten für die Mobilität der Kunden beteiligen. Das könnte Sponsored Parking sein, oder sponsored Rides in Car Sharing Fahrzeugen – sogar autonom fahrende Shuttles, wenn dies auf dem Markt sind, könnten genutzt werden. Entwicklungen und Trends für Connected Car und das verbesserte Infotainment in Fahrzeugen, aber auch das autonome Fahren werden neue Möglichkeiten schaffen, Innenstädte zu beleben und regelrecht neu zu gestalten.

Unsere Plattform schafft ein neues Erlebnis sowohl in Bezug auf das Fahrzeug, als auch bezogen auf die Aktivitäten, die um das Auto herum passieren. Dadurch haben Händler die Möglichkeit, Entscheidungen, die der Fahrer im Auto trifft, mitzugestalten, um somit ein einfacheres und stressfreies Erlebnis zu kreieren. Kein lästiges Suchen nach Parkplätzen, den Münzen für den Parkscheinautomat oder das Finden eines guten Restaurants aus einer ellenlangen Liste mehr.

Wir bedanken uns bei Fabian Beste für das aufschlussreiche Interview und hoffen, auch ihr hattet Spaß beim Lesen. Für mehr topaktuellen Content besucht unsere News-Rubrik der Website, und auch auf LinkedIn, Facebook und Instagram sind wir für euch verfügbar – ebenso natürlich wie auf den offiziellen Websites unseres Unternehmens und der Cognizant Hauptseite.